„People don’t leave bad jobs. They leave bad cultures.“
– Simon Sinek
Aufbau, Pflege und strategische Nutzung von Employer Branding entlang der gesamten Candidate Journey
In Zeiten von Fachkräfteengpässen, Generationenwandel, dem Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit und wachsender Transparenz durch Social Media entscheiden nicht mehr nur Gehalt und Titel darüber, ob jemand Teil eines Unternehmens werden möchte – sondern vor allem die erlebte Unternehmenskultur. Genau hier setzt Employer Branding an.
Eine starke Arbeitgeber:innenmarke ist heute mehr als ein Recruiting-Instrument – sie ist ein strategischer Erfolgsfaktor für nachhaltige Unternehmensentwicklung, Innovation und Mitarbeiter:innenbindung. Doch wie wird eine authentische Arbeitgeber:innenmarke aufgebaut? Wie wird sie gepflegt, gelebt und entlang der Candidate Journey gezielt eingesetzt?
Dieser Beitrag zeigt auf, wie Arbeitgeber:innen mit einer durchdachten, glaubwürdigen und zielgruppenorientierten Markenstrategie langfristig die besten Talente gewinnen und binden können.
Warum Employer Branding heute unverzichtbar ist

Von der Stellenanzeige zur Kulturbewegung
Arbeitgeber:innen befinden sich in einem Systemwandel: Während früher Menschen aktiv nach Arbeit gesucht haben, stehen heute viele Organisationen im aktiven Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt haben sich verschoben – zugunsten der Arbeitnehmer:innen. Wer heute Talente gewinnen will, braucht mehr als eine gute Stelle: Es braucht Sinn, Vertrauen, Entwicklung und Identifikation.
Die Arbeitgeber:innenmarke beschreibt das Image eines Unternehmens als Arbeitgeber:in – wie es von bestehenden, ehemaligen und potenziellen Mitarbeitenden wahrgenommen wird. Sie basiert auf der gelebten Unternehmenskultur, dem Führungsverhalten, der Kommunikation, den Entwicklungschancen, den Werten und der Emotionalität eines Unternehmens.
Studienlage und Zahlen sprechen eine klare Sprache:
- 75 % aller Jobsuchenden informieren sich vor der Bewerbung intensiv über den Arbeitgeber – insbesondere auf kununu, LinkedIn, Instagram und der Karriereseite. (Quelle: CareerBuilder)
- 69 % aller Bewerber:innen würden ein Jobangebot ablehnen, wenn das Image des Unternehmens negativ ist – selbst bei besserem Gehalt. (Quelle: Glassdoor)
- Eine starke Arbeitgebermarke kann die Bewerbungskosten pro Stelle um bis zu 50 % reduzieren. (Quelle: LinkedIn Talent Solutions)
Eine starke Employer Brand spart Geld, zieht passende Menschen an, motiviert, hält zusammen – und trägt die Identität der Organisation nach außen.
Der strategische Aufbau: Von der Werteanalyse bis zur Zielgruppenansprache
Employer Branding ist keine Marketingkampagne, sondern ein ganzheitlicher, langfristig angelegter Strategieprozess, der auf dem Fundament der Unternehmenskultur aufbaut.
a) Die Employer Value Proposition (EVP): Ihr zentraler Markenkern
Die EVP ist das Versprechen, das ein:e Arbeitgeber:in den Mitarbeitenden und Bewerber:innen gibt. Sie beantwortet die Frage: „Warum sollte jemand bei uns arbeiten – und bleiben?“
Elemente einer wirksamen EVP
- Kulturelle Identität: Werte, Arbeitsstil, Zusammenarbeit, Führungsprinzipien
- Entwicklungsmöglichkeiten: Weiterbildung, Aufstiegschancen, Feedbackkultur
- Work-Life-Integration: Flexibilität, Homeoffice, mentale Gesundheit
- Soziale Verantwortung: Nachhaltigkeit, Diversität, Inklusion
- Einzigartigkeit: Was unterscheidet uns konkret von Mitbewerber:innen?
Tipp: EVP = authentisch + relevant + differenzierend + konsistent.
b) Zielgruppen-Personas: Für wen bauen wir die Marke?
Employer Branding funktioniert nicht nach dem Gießkannenprinzip. Unterschiedliche Zielgruppen haben unterschiedliche Erwartungen
- IT-Fachkräfte suchen sinnstiftende Projekte, agile Teams, Homeoffice.
- Pflegekräfte erwarten Respekt, Wertschätzung, Vereinbarkeit.
- Berufseinsteiger:innen brauchen Orientierung, Mentoring und Purpose.
- Führungskräfte erwarten Gestaltungsfreiheit, Sinn und Vertrauen.
Empfehlung: Entwickeln Sie Candidate Personas, mit Fokus auf Werte, Lebensstil, Informationsverhalten, Triggerpunkte und Karriereziele.

Employer Branding als gelebte Kultur
Eine Arbeitgebermarke ist keine Hochglanzkampagne. Sie muss gelebt, erlebt und kontinuierlich überprüft werden. Sie beginnt im Inneren der Organisation – und wirkt von dort nach außen. Feedback als strategisches Steuerungstool: Gute Arbeitgeber:innen hören zu – aktiv und regelmäßig. Nutzen Sie:
- Mitarbeitendenumfragen
- Stay-Interviews (Warum bleiben Sie?)
- Exit-Interviews (Warum gehen Sie?)
- Pulse-Checks (Stimmungsbarometer)
- Bewertungsplattformen wie kununu oder Glassdoor
Frage: Wie schnell und konsequent fließen Rückmeldungen in Entscheidungen ein?
Employer Branding = gelebte HR-Prozesse: Was intern nicht funktioniert, lässt sich nicht schönreden. Prüfen Sie:
- Wie erleben Mitarbeitende das Onboarding?
- Gibt es nachvollziehbare Entwicklungswege?
- Werden Diversity- & Inklusionsziele gelebt oder nur kommuniziert?
- Wie transparent sind Entscheidungen?
💬 Zitat einer Bewerberin: „Ich habe mich wegen des Videos auf LinkedIn beworben – und beim Vorstellungsgespräch genau das erlebt, was versprochen wurde. Das war mein Aha-Moment.“
Mitarbeitende als Markenbotschafter:innen
Die glaubwürdigsten Stimmen sind nicht die Unternehmenssprecher:innen, sondern die eigenen Mitarbeitenden.
Aktivieren Sie Ihr Team:
- Kampagnen wie #meinArbeitgeber
- „Employee Takeover“ auf Instagram oder LinkedIn
- Mitarbeitende als Gäste auf Fachmessen oder Panels
- Sichtbarkeit in Jobvideos und Blogartikeln
Employer Branding entlang der Candidate Journey
Die Employer Brand ist dann wirksam, wenn sie an jedem Touchpoint mit Talenten spürbar wird – entlang der gesamten Candidate Journey:

Phase 1: Aufmerksamkeit
Ziel: Sichtbarkeit und Interesse wecken.
Kanäle: Social Media, Podcast, YouTube, Messen, Kooperationen
Beispiele:
- Karriereseite mit klarer Sprache und starken Bildern
- Erfahrungsberichte echter Mitarbeitender
- Fachartikel auf LinkedIn
- Einblicke in den Arbeitsalltag via Instagram Reels
Frage: Wie erleben potenzielle Bewerber:innen Ihren ersten Eindruck – mobil, schnell und persönlich?
Phase 2: Orientierung & Erwägung
Ziel: Vertrauen aufbauen, Informationsbedürfnis bedienen
Kanäle: Karriereseite, Jobinserate, Bewertungstools, Erstkontakt via E-Mail
Elemente einer überzeugenden Präsenz:
- Werte und Kultur transparent dargestellt
- Klare Infos zu Benefits, Entwicklung, Diversity
- Bewerbungsprozess erläutert (Dauer, Schritte)
- Employer Brand Video oder Kultur-Kompass
Best Practice: Zeigen Sie, was Sie besonders macht – mit authentischen Videos oder Erfahrungsberichten aus verschiedenen Teams.

Phase 3: Bewerbung & Auswahl
Ziel: Reibungsloser, wertschätzender Prozess
Kanäle: E-Mail, Bewerbungstool, Interviews, Feedback
To-dos für Arbeitgeber:innen:
- Bewerbung auf mobilen Geräten möglich machen
- Zeitnahe, persönliche Kommunikation
- Transparente Gehaltsangaben & Arbeitszeiten
- Inklusives Wording in Jobtexten
Frage: Werden Bewerber:innen als Kund:innen betrachtet?
Phase 4: Onboarding
Ziel: Vertrauen festigen, soziale Integration stärken
Kanäle: Welcome-Pakete, Mentoring, Einarbeitungsplan, Check-ins
Erfolgsfaktoren:
- Begrüßung vor dem ersten Arbeitstag (Preboarding)
- Strukturierte erste Woche (People, Prozesse, Kultur)
- Ansprechpartner:in für alle Fragen
- Feedbackrunde nach 30, 60 und 90 Tagen
Der erste Eindruck wirkt nachhaltig. Ein positives Onboarding steigert die Wahrscheinlichkeit der langfristigen Bindung um bis zu 69 %. (Quelle: SHRM)
Phase 5: Entwicklung & Bindung

Ziel: Mitarbeitende langfristig begeistern & weiterentwickeln
Kanäle: Mitarbeiter:innengespräche, Entwicklungsprogramme, Events, Intranet
Bausteine:
- Interne Karrierepfade
- Kultur-Workshops & Austauschformate
- Beteiligung an Projekten und Innovationen
- Flexible Arbeitsmodelle
Ihre bestehenden Mitarbeitenden sind Ihre besten Werbebotschafter:innen.
Fazit: Die Arbeitgebermarke ist Ihre Einladung an die Zukunft
Eine starke Arbeitgebermarke ist kein Trend – sondern eine strategische Notwendigkeit für zukunftsorientierte Unternehmen. Sie ist Ausdruck gelebter Kultur, ehrlicher Kommunikation und klarer Haltung. Employer Branding bedeutet: Versprechen geben – und halten.
Drei Schritte, um heute zu starten:
- EVP entwickeln oder schärfen: Was macht Sie wirklich aus?
- Candidate Journey analysieren: Wo entstehen Markenmomente?
- Marke aktivieren: Mitarbeitende einbinden, Feedback nutzen, sichtbar werden.
Top-Talente suchen nicht einfach nur eine Stelle – sie suchen Sinn, Perspektive und ein Team, das gemeinsam etwas bewegen will.
Quellen & weiterführende Literatur
- Universum (2024): Employer Branding Now Report
- LinkedIn Talent Solutions (2023): Global Recruiting Trends
- Sinek, S. (2017). Start with Why. Penguin Books.
- kununu Studienberichte (2023): Candidate Experience
- Glassdoor for Employers (2022): Employer Branding Statistics
- SHRM (2023): Onboarding Best Practices Report