Der Klimawandel ist längst Realität geworden – nicht nur in Wissenschaft und Forschung, sondern auch angekommen in der Alltagswelt unserer Gesellschaft. Umweltkatastrophen, Emissionen und das Schmelzen der Gletscher prägen unsere Zeit. Das Thema Umweltschutz gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Unternehmen weltweit stehen vor der Herausforderung, nachhaltige Praktiken zu integrieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben. Einen Ansatz des nachhaltigen Wirtschaftens beschreibt das grüne Personalmanagement. Aber wie lässt sich Green HRM sinnvoll unternehmerisch nutzen, welche positiven Auswirkungen zeigt nachhaltige Personalarbeit?
Folgender Blogbeitrag beleuchtet Theorien des „Green Human Resource Management“ und zeigt Handlungsalternativen in der unternehmerischen Praxis auf.
Charbel José Chiappetta Jabbour, der sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten mit nachhaltigem Management auseinandersetzt, merkte bereits Anfang der 2010-er Jahre an, dass sich das grüne Personalmanagement noch in den Anfangsstadien befindet. Viele Studien verweilen aus Sicht des Chefredakteurs des Latin American Journal of Management for Sustainable Development noch in der theoretischen Phase. Angesichts der fortwährenden Umweltkrisen müssen Regierungen und Unternehmen Maßnahmen ergreifen, um die negativen Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern.
Da Unternehmer:innen nicht allein operieren, müssen sowohl die Mitarbeitenden als auch das Personalmanagement an diesem Diskurs beteiligt werden. So ist es von hoher Bedeutung zu wissen, was wirklich hinter Green HRM steckt und welche Praktiken oder Maßnahmen effektiv genutzt werden können, um Nachhaltigkeit im Unternehmen zu fördern.
Dabei liegt die Annahme zu Grunde, dass die Personalabteilung in der Lage ist, das Verhalten, die Einstellungen, das Wissen und die Motivation der Mitarbeitenden in Bezug auf Nachhaltigkeit zu messen und zu beeinflussen. Daher können Unternehmen das Personalwesen nutzen, um grüne Praktiken wirksam zu vermitteln und umzusetzen. Hier müssen Unternehmen, Personalwesen und die Mitarbeitenden Hand in Hand gehen.
„Green Leadership“ führt zu nachhaltig agierenden Mitarbeiter:innen
Interessante Ergebnisse zeigt auch die Studie von Omarova & Jo. Die Studie fokussiert auf die Rolle von Führungskräften und deren Einfluss auf umweltfreundliches Verhalten bei Mitarbeitenden. Den Studienergebnissen nach wird die Bedeutung einer Führungskraft, die sich auf Umweltfragen konzentriert, und deren positiver Einfluss auf das umweltfreundliche Verhalten der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz bestätigt. Mitarbeitende werden von den Verhaltensmustern der Führungskräfte beeinflusst und imitieren diese durch genaue Beobachtung. Dabei verinnerlichen sie die Werte ihrer Führungskräfte. Somit können Führungskräfte Vorbilder sein, die Mitarbeitende zu gewissen Verhaltensweisen anregen.
Im Gesamtkontext des Unternehmens als Organisation ist es jedoch nicht ausreichend nur eine zielorientierte, grüne Führungskraft zu sein. Ohne angemessene Ausbildung, Schulung und (Weiter-)Entwicklung gestaltet es sich schwierig, die angestrebte Umweltleistung eines Unternehmens zu erreichen und kontinuierlich aufrechtzuerhalten.
Green HRM: Vom Schlagwort zur Notwendigkeit
Mit seiner Sekundärstudie formuliert Ahmad, S. (2015) u.a. die Ziele, ein grundlegendes Verständis von Green HRM zu geben, umweltfreundliche Praktiken für den Arbeitsplatz vorzustellen und grüne Initiativen für die Personalabteilung vorzuschlagen.
Ganz zu Beginn konstatiert Ahmad, dass sich der Begriff “Grünes Personalmanagement” mittlerweile zu einem Schlagwort in der Geschäftswelt entwickelt hat, und seine Bedeutung im Laufe der Zeit immer mehr zunimmt.
Heute umfasst das Thema Grünes Personalmanagement nicht mehr nur das Bewusstsein für Umweltschutz innerhalb eines Unternehmens, sondern steht auch für das soziale und wirtschaftliche Wohlergehen sowohl der Organisation als auch der Mitarbeitenden in einer breiteren Perspektive. Manche Wissenschaftler:innen sind jedoch der Meinung, das
Ziel Grünen Personalmanagements sei die Reduktion des CO2-Fußabdrucks. Dies könnten wir durch Änderungen an unseren regulären Personalaktivitäten erreichen.
Letzlich bleibt die definitorische Frage offen, was grünes Personalmanagement alles umfasst. Ein möglicher Definitionsversuch könnte lauten: Grünes Personalmanagement zielt darauf ab, nicht nur Umwelt- sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte im weiteren Sinn, in die Personalmanagementpraktiken zu integrieren, mit dem Ziel das Verhalten und die Einstellungen der Mitarbeitenden hin zu einer „grünen Organisation“ zu verändern.
Ist Grünes Personalmanagement wichtig für meine Organisation?
Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden ist ein maßgeblicher Indikator für den Erfolg von Unternehmen. Inwiefern Grünes Personalmanagement die Arbeitszufriedenheit beeinflusst und somit auch das Engagement der Mitarbeitenden, ist von zentraler Bedeutung für das langfristige Wohlergehen der Organisation. Forschungen zeigen, dass umweltbewusste Praktiken das Wohlbefinden der Mitarbeitenden verbessern können. Ebenfalls von herausragender Bedeutung ist die Personalbindung, da sie direkte Auswirkungen auf die Fluktuation und die langfristige Stabilität des Personalkörpers hat. Die Einbindung in die Mission und Werte des Unternehmens durch Grünes Personalmanagement kann die Bindung der Mitarbeitenden stärken und somit die Betriebszugehörigkeit fördern.
Positive Effekte von grünem Personalmanagement und Green Recruiting
Die Implementierung eines grünen Personalmanagements trägt entscheidend zur Erhöhung der Mitarbeiter:innenzufriedenheit und zur stärkeren Bindung an das Unternehmen bei. Mitarbeitende fühlen sich von Unternehmen mit nachhaltigen Praktiken angezogen, was ihre Motivation steigert und sich positiv auf ihre Leistung und ihr Engagement auswirkt. Zudem führt dies zu einer höheren Produktivität. Wenn Mitarbeitende rekrutiert werden, die bereits eine starke Affinität zu umweltfreundlichen Praktiken haben, wird die Umsetzung und Akzeptanz von Maßnahmen im grünen Personalmanagement erleichtert. Diese Mitarbeitenden bringen oft innovative Ideen und eine starke Motivation mit, um umweltfreundliche Prozesse und Technologien zu fördern.
Ein zentraler Bestandteil von Grünem Personalmanagement ist das Green Recruiting – die grüne Personalbeschaffung. Dies umfasst die Nutzung nachhaltiger Methoden und Technologien, um neue Mitarbeitende zu gewinnen, die sich ebenfalls für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einsetzen.
Green Recruiting beinhaltet mehrere Maßnahmen, die den gesamten Rekrutierungsprozess umweltfreundlicher gestalten:
- Digitale Bewerbungsverfahren: Anstatt Papierunterlagen zu verwenden, setzen Unternehmen auf digitale Bewerbungen und Online-Interviews. Dies spart nicht nur Papier und reduziert den CO2-Ausstoß, sondern beschleunigt auch den Rekrutierungsprozess. Die Nutzung von E-Mail und cloudbasierter Kommunikation.
- Nachhaltige Arbeitgebermarke: Unternehmen präsentieren sich als umweltbewusste Arbeitgeber:innen. Dies zieht KandidatInnen an, die diese Werte teilen und motiviert sind, in einem Unternehmen zu arbeiten, welches sich für den Umweltschutz einsetzt. Eine starke grüne Marke kann das Unternehmensimage stärken und die Attraktivität für hochqualifizierte Bewerber:innen erhöhen.
- Fokus auf Werte und Kultur: Während des Recruitings wird großer Wert darauf gelegt, Kandidat:innen zu finden, die nicht nur über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen, sondern auch zur nachhaltigen Unternehmenskultur passen. Dies beinhaltet die Bewertung des Umweltbewusstseins der Kandidat:innen und ihre Bereitschaft, sich für nachhaltige Praktiken am Arbeitsplatz einzusetzen.
- Grüne Anreize und Benefits: Unternehmen können zusätzliche Anreize und Benefits bieten, die auf Nachhaltigkeit abzielen. Dazu gehören z.B. Zuschüsse für öffentliche Verkehrsmittel, Fahrradprogramme oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, um Pendelzeiten und Emissionen zu reduzieren.
Wie kann ich Herausforderungen meistern?
Trotz der vielen Vorteile bringt grünes Personalmanagement auch einige Herausforderungen mit sich. Eine der größten Herausforderungen ist der erhöhte Arbeitsaufwand, der mit der Implementierung und Aufrechterhaltung grüner Praktiken verbunden ist. Dies kann zu zusätzlichem Stress und Belastung der Mitarbeitenden führen.
Eine Lösung hierfür ist die kontinuierliche Weiterbildung und Schulung der Mitarbeitenden. Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie müssen nicht nur selbst als Vorbilder agieren, sondern auch ihre Teams unterstützen und motivieren. Gezielte und regelmäßige Schulungen können helfen, die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln und gleichzeitig das Bewusstsein und die Motivation der Mitarbeitenden zu stärken.
Praktiken des grünen Personalmanagements
Papierloses Büro:
Derzeit versteht man unter einem papierlosen Büro einen Arbeitsbereich, in dem die Verwendung von Papier weggelassen oder erheblich reduziert wurde. HR_4.0 Beratung ZELLNER hat Systeme implementiert, um den Papierverbrauch zu minimieren, was nicht nur die Kosten für papierbezogene Tätigkeiten senkt, sondern auch natürliche Ressourcen schont. Unsere Mitarbeiter:innen werden regelmäßig informiert über neue Möglichkeiten zur Reduzierung des Papierverbrauchs – es wird aktiv das Recycling von Büromaterialien gefördert. Diese Maßnahmen unterstützen unsere Bemühungen, ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Arbeitsumfeld zu schaffen undeinen chaotischen Arbeitsplatz vorzubeugen.
- Grünes Job Design: Bei der Erstellung eines Job Designs denkt HR_4.0 Beratung ZELLNER nachhaltig.
Unsere Stellenbeschreibungen beinhalten die ökologischen, sozialen, persönlichen und technischen Anforderungen für das gesuchte Jobprofil. Bei der Personalbeschaffung veröffentlichten wir Job Postings in ausgewählten Medien, um nur die richtigen Kandidat:innen anzusprechen. Dadurch ergibt sich einerseits die Gelegenheit, insbesondere umweltbewusste Bewerber:innen anzusprechen, aber auch fokussiert diejenigen anzusprechen, die den Cultural Fit mitbringen im Sinne der Nachhaltigkeit. In den Stellenausschreibungen werden zum Beispiel, die Bemühungen um nachhaltige Projekte und die Möglichkeit erwähnt, an umweltfreundlichen Initiativen teilzunehmen, um umweltbewusste Kandidat:innen zu gewinnen. - Abfalltrennung:
Durch Recycling wird der Einsatz von Rohstoffen reduziert – diese Vorgehensweise spart Energie, zudem wird die Umwelt sauber gehalten. Im Rahmen von Umweltinitiativen führen mehrere Organisationen Recyclingprogramme ein, um die Menge der recycelten Produkte zu erhöhen und die Abfallmenge zu verringern.
Diese Maßnahmen tragen wesentlich zur Motivation von Mitarbeitenden bei, sich für Umweltinitiativen einzusetzen. Wir legen großen Wert darauf, durch solche Praktiken eine nachhaltige und umweltbewusste Unternehmenskultur zu fördern.
Exkurs: Was sind Green Jobs?
Green Jobs sind Arbeitsplätze im Umweltsektor. Laut Definition der Europäischen Union werden sie als Arbeitsplätze bezeichnet, die Umweltschäden vermeiden und natürliche Ressourcen erhalten. Diese Arbeitsplätze findet man in verschiedenen Bereichen wie erneuerbare Energien, nachhaltiges Bauen und Sanieren sowie Wasser- und Abwassermanagement.
Wir bei HR_4.0 Beratung ZELLNER stellen auch Green Jobs zur Verfügung – beispielsweise umfasst der Aufgabenbereich eines ESG-Managers (Environmental Social Governance) das Verantwortungsbewusstsein im Bereich Nachhaltigkeit und das Sammeln, Analysieren und Verwalten von ESG-Daten. Dazu gehört die Implementierung von Systemen und Prozessen, die für die regelmäßige Aktualisierung und Veröffentlichung von ESG-Daten erforderlich sind.
Die gewissenhafte Vorbereitung von ESG-Berichten erfolgt dabei nach branchenspezifischen Standards und Richtlinien. Zudem wird die Integration von ESG in allen Unternehmensbereichen sichergestellt. Die Analyse der ESG- Performance sowie die Entwicklung von Handlungsempfehlungen fördern eine kontinuierliche Verbesserung. Darüber hinaus organisiert ein:e ESG-Manager:in Schulungen und Workshops, um das Bewusstsein und Verständnis für ESG und Nachhaltigkeit zu stärken.
Insbesondere die Förderung eines umweltbewussten Arbeitsumfeldes trägt wesentlich zur Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden bei. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Erkenntnis, dass eine erfolgreiche Implementierung von grünen Praktiken eng mit der Unterstützung und dem Engagement der Führungskräfte und Weiterbildungen verbunden ist. Es ist auch leicht zu erkennen, dass die Implementierung von grünem Personalmanagement nicht nur ein Trend ist, sondern eine Notwendigkeit in der heutigen Geschäftswelt.
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